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Stadtarchiv Mainz - Datenbank
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Bestand:
Bestandssignatur:
Klassifikation:
Bestandslaufzeit:
(1790 - 1801) 1802 - 1814 (1815 - 1830)
Datierung:
1790 - 1830
Umfang des Bestands:
9 lfm.
Behördengeschichte:
Das französische Schulwesen im napoleonischen Frankreich

Zu Beginn des Konsulats war das französische Schulwesen dezentral aufgebaut: Die Zuständigkeit für die écoles centrales und écoles primaires lag bei der Kommunalverwaltung. Die Hochschulbildung war in wenigen écoles spéciales organisiert und unterstand verschiedenen Ministerien. Unter Napoleon wurde die Zentralisierung des Schulwesens in Angriff genommen und mit dem Gesetz vom 11. Floréal des Jahres X (01.05.1802) abgeschlossen. Alle Primär- und Sekundärschulen sowie auch einige der écoles spéciales wurden der direction de l' instruction publique unterstellt, die ihrerseits dem Innenministerium zugeordnet war, und von einem conseiller d' État überwacht. Allerdings übernahm der Staat nur wenige Sekundärschulen, die lycées und einige écoles spéciales. Die restlichen Schulen mussten durch Privatinitiativen geführt werden. Jedoch suchte die Regierung, die Kontrolle über die Schulen zu verstärken. So wurde per Gesetz vom 10. Mai 1806 und komplettiert durch ein kaiserliches Dekret vom 17. März 1808 die Université impériale eingesetzt.

Die Université impériale

Die Université impériale war eine Körperschaft, die ausschließlich mit dem Unterrichtswesen und der Erziehung der männlichen Jugendlichen betraut war. Sie zentralisierte das Schulsystem, das nun ganz auf Paris ausgerichtet worden war. Die Université impériale leitete und finanzierte das Schulsystem. Ein Monopol besaß sie aber lediglich über die Hoch- und Sekundärschulen. Die Université impériale war streng hierarchisch aufgebaut: An ihrer Spitze stand der Grand-Maître, Louis de Fontane. Ihm unterstanden ein Kanzler, die Generalinspektoren, die Rektoren, die Dekane, die Universitätsprofessoren, die Schulleiter der Lycées, die Zensoren und die Lehrer an den Lycées. Der Großmeister war de facto dem Innenminister unterstellt, in der Realität verfügte er aber über sämtliche Befugnisse in seinem Zuständigkeitsbereich. Er nominierte sämtliche Stellen, entschied über Promotionen, stellte Diplome aus, erließ die règlements relatifs à l' enseigmenent, und führte die Rechnungslegung. Seine jährliche Vergütung betrug 100.000 Francs. Ein Kanzler war für die Archive sowie das Siegel der Université impériale zuständig. Ein Schatzmeister überwachte Einnahmen und Ausgaben. Die Geschäftsführung war zweigeteilt: eine Abteilung beschäftigte sich mit dem Unterrichtswesen und dem Personal, die zweite war für die Ausstattung der zur Université impériale gehörenden Institutionen zuständig. Die Generalinspektoren nominierten wie überwachten die Universitätsprofessoren. Außerdem wurde ihnen die Aufsicht über die trois degrés de l' enseignement übertragen: die Hoch-, Sekundär- und Primärschulen. Ihre Anzahl war auf 30 beschränkt. Der Conseil de l' Université, bestehend aus zehn vom Kaiser auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern und zwanzig von den Generalinspektoren, Dekanen, Universitätsprofessoren und Lycée-Direktoren für ein Jahr gewählten Mitgliedern, stand dem Großmeister zur Seite.

Die Académies

Die Université impériale war in académies untergliedert. In jedem Appelationsgerichtsbezirk (" ressort de cour d' appel") wurde eine Académie eingerichtet. Die Académie war demnach als verlängerter Arm der Université impériale zuständig für die Schulen in diesem Bezirk: die Hochschulen (facultés), die Sekundärschulen (lycées und collèges) und die Volksschulen (écoles primaires) sowie sämtliche Privatschulen. Am 18. Oktober 1808 wurde ein Statut veröffentlicht, das die Einrichtung von 32 Académien in Frankreich begründete. Die Académien wurden in fünf Kategorien unterteilt: 1. jene, die alle fünf Fakultäten (droit, lettres, médecine, sciences et théologie) vereinigten, 2. jene, in der eine école de médecin aber keine école de droit vertreten war, 3. jene, in deren Zuständigkeitsbereich keine école de médecine aber eine école de droit lag, 4. jene, in der lediglich lycées lagen, aber auch ein Bischofssitz, so dass eine theologische Fakultät angegliedert werden konnte und 5. jene, in deren Zuständigkeitsbereich ausschließlich Lycées lagen. An der Spitze jeder Académie stand ein recteur, der vom Großmeister auf fünf Jahre ernannt wurde. Der Rektor konnte zeitgleich ein Amt in der Université impériale innehaben. Häufig war er zugleich Dekan, Universitätsprofessor oder Direktor eines Lycée. Ihm unterstanden ein oder zwei Inspektoren. Unterstützt wurde er von einem conseil académique, der aus zehn Mitgliedern bestand, die vom Großmeister ernannt wurden. Der Rat beschäftigte sich mit dem Zustand der Schulen, Missbräuchen und mit der Frage, wie diese behoben werden könnten.

Das Lycée

Das Lycée als Schulform wurde im Jahr 1802 eingeführt. Die Lycées standen an der Spitze des neuen Schulsystems. Mit dem Gesetz vom 11. Floréal des Jahres X (1.05.1802) wurden die écoles centrales durch lycées oder kommunale Sekundärschulen ersetzt. In jedem Appelationsgerichtsbezirk durfte nur ein Lycée bestehen. In den Lycées unterhielt der französische Staat 6.400 Internatsschüler, von denen 2.400 Söhne von Militärs oder Funktionären waren. In den ersten zehn Jahren konnten auch Jungen zu Stipendiaten ernannt werden, die aus den neu angegliederten Departements stammten. Die restlichen 4.000 Plätze wurden per Auswahlverfahren vergeben. Die Stipendiaten wurden élèves nationaux genannt. Da aber pro Schule lediglich wenige Stipendien zu vergeben waren, waren die Kinder armer Familien praktisch von den Lycées ausgeschlossen. Neben diesen Stipendiaten konnten auch Schulgeld zahlende Schüler, interne wie externe, aufgenommen werden. Ein Lycée wurde von einem Provisor, einem Zensor und einem procureur gérant, einem Prokurator, verwaltet. Diese drei Herren bildeten auch den conseil d' administration, den Verwaltungsrat. Außerdem gab es in jedem Lycée ein bureau d' administration, dem der Präfekt, der Präsident des Appelationsgerichtshofes, der Generalstaatsanwalt und der Staatsanwalt, der Bürgermeister und der Direktor des Lycée angehörten. Das Bureau wurde allerdings mit der Schulreform der Jahre 1806-1808 abgeschafft. Seine Aufgaben gingen auf den Verwaltungsrat über. Die Lehrer an den Lycées wurden von Napoleon ernannt, der hierbei zwischen zwei von den Generalinspektoren vorgeschlagenen Kandidaten wählen konnte. Die Lehrer, jedes Lycée musste mindestens acht Lehrer beschäftigen, wurden vom Staat besoldet und erhielten jährlich zwischen 700 Francs in der Provinz und 3.000 Francs in Paris.
Unterrichtet wurden an den Lycées sowohl Geistes- als auch Naturwissenschaften. Die Schüler konnten zwischen diesen zwei Fachgruppen wählen. Die erste war literarisch, ihre Grundlage war der Lateinunterricht. Die zweite Fachgruppe war naturwissenschaftlich. Ihr lag die Mathematik zugrunde. Allerdings wurde der literarischen Fachgruppe ein Vorzug eingeräumt, sodass Schüler nur die Naturwissenschaften wählen konnten, nachdem sie zwei Schuljahre lang die Sprachen studiert hatten. Innerhalb der Fachgruppen war die Abfolge der Unterrichtsinhalte festgelegt. Außerdem konnten die Schüler an Schreib-, Zeichen-, Musik- und Tanzkursen teilnehmen. Moderne Sprachen oder Philosophie wurden nicht unterrichtet. Im Zuge der Schulreform in den Jahren 1806-1808 wurde der naturwissenschaftliche Zweig abgeschafft. Nunmehr erhielten alle Schüler dieselbe Ausbildung. In einigen großen Lycées wurden von nun an Philosophiekurse angeboten. Im Jahr 1803 wurde jedem Lycée ein Seelsorger zugeordnet, der auch Religionsunterricht gab. Jedes Lycée musste eine Bibliothek einrichten. Der Bestand von 1.500 Bänden wurde in Paris bestimmt.
In den Lycées herrschte strenge Disziplin. Die Schüler trugen eine einheitliche Uniform: blaue Jacke und Hose, Hut und gelbe Knöpfe, in die das Wort lycée eingraviert war. Die Schüler waren in Kompagnien unterteilt, denen der beste Schüler als sergent-major vorstand. In diesen Kompagnien fanden auch die militärischen Übungen statt. Donnerstags wurde exerziert und ein Kleiderappell abgehalten. Mit zwölf Jahren begann zusätzlich eine Waffenausbildung. Der Tagesablauf war starr gegliedert. Die Schüler standen immerfort unter Aufsicht, selbst in den wenigen kurzen Pausen. Sie durften das Schulgelände nicht allein verlassen, daher kontrollierte ein Pförtner den Ein- und Ausgang. Der Briefverkehr der Schüler wurde vom Zensor überwacht, da sie nur an ihre Eltern schreiben durften. Auch über ihr Taschengeld durften die Jungen nicht frei verfügen. In einem eigens eingerichteten Sprechzimmer wurde der Besuch empfangen.

Die écoles secondaires ou collèges

Die Sekundärschulen wurden ebenfalls im Gesetz vom 11. Floréal des Jahres X näher definiert, und zwar als " établissements l' on enseigne les langues latine et française, les premiers principes de géographie, d' histoire et de mathématiques. Un enseignement religieux peut y être dispensé". Die Sekundärschulen waren in kommunaler oder privater Trägerschaft. Um weiterhin zu bestehen, benötigten sie eine Regierungsgenehmigung, die jeweils nur auf ein Jahr vergeben wurde, waren der Aufsicht des Präfekten unterstellt und mussten sich eigenständig finanzieren. Der Direktor durfte die Lehrer für seine Schule wählen. Die Eltern der Schüler mussten aber für das Gehalt aufkommen. Am 12. Vendémiaire des Jahres XII (5.10.1803) wurde den Sekundärschulen ebenfalls ein bureau d' administration beigeordnet, das sich aus dem Unterpräfekten, dem Bürgermeister, dem Oberstaatsanwalt, zwei Mitgliedern des Munizipalrats und dem Friedensrichter zusammensetzte. Somit verloren die Schulen ihre Unabhängigkeit und büßten ihre Eigenständigkeit in der Lehre ein. Als Gegenleistung konnte der Staat den Schulen Gebäude übertragen, den besten Schülern Stipendien für ein Lycée ermöglichen oder den besten Lehrern Prämien zahlen. Der Beschluss aus dem Jahr 1803 legte auch die Schulkleidung fest: ein grüner Frack oder Gehrock sowie ein Hut.
Um die Kontrolle des Staates über das Schulwesen noch zu verstärken, wurden die kommunalen Sekundärschulen im Rahmen der napoleonischen Schulreform in Collèges umgewandelt und waren seit dem Jahr 1808 in die Université impériale eingegliedert. Private Sekundärschulen wurden zwar nicht verboten, aber mit hohen Steuern belegt, so dass die Zahl der Privatschulen in der Folge abnahm. Viele der privaten Schulen mussten wie oben beschrieben nach der Einrichtung der Université Impériale aus finanziellen Gründen schließen. Im Jahre 1811 ging Napoleon weiter gegen die Privatschulen vor. Sie waren nunmehr lediglich Wohnheime und mussten ihre Schüler zum Unterricht in das städtische Lycée oder Collège schicken.

Die écoles primaires

Die Mädchenbildung sowie die Primärschulen fanden von Napoleon kaum Beachtung. Die Mädchenbildung war beinahe inexistent. Die Primärschulen blieben in kommunaler Hand. Sie waren von den Kommunen einzurichten. Zu diesem Zweck konnten sich aber auch mehrere Kommunen zusammenschließen. Die Bürgermeister und die Munizipalräte ernannten die Lehrer und mussten diesen eine Unterkunft stellen. Der restliche Lohn musste von den Familien der Schüler aufgebracht werden. Nach den Gründungen der Académies wurden diese auch mit der Aufsicht über die Primärschulen beauftragt. In der niederen Schulbildung konnten die kirchlichen Schulen die Situation ein wenig verbessern. Ordensgemeinschaften, die Primärschulen unterhielten, waren von der Säkularisation ausgenommen. Die Einführung der Université Impériale verstärkte die Stellung dieser kirchlichen Einrichtungen. Allerdings reichten diese geringen Verbesserungen nicht aus, um den allgemein schlechten Zustand des Primarschulwesens in Frankreich zu verbessern.

Die écoles spéciales

Im Gegensatz zu den Primärschulen erlebten die écoles spéciales einen Aufschwung. Per Gesetz wurde am 11. Floréal des Jahres X die Anzahl der Spezialschulen erhöht: 23 Spezialschulen - Recht, Medizin, Mathematik, Naturwissenschaften etc. - wurden eingerichtet. Jede von ihnen sollte an ein Lycée angegliedert und von dessen Verwaltungsrat geleitet werden. Die Hochschulbildung war von der Einführung der Université Impériale am stärksten betroffen, denn die ehemaligen Fakultäten wurden wiederbelebt. Allerdings nicht in ihrer alten Form im Herzen einer Universität, sondern im Rahmen der Académie eigenständig und isoliert nebeneinanderstehend, auch wenn sich in einer Stadt mehrere Fakultäten befanden.


Das höhere Mainzer Schulwesen in der Franzosenzeit

Im Jahr 1798 wurden die Angelegenheiten der Volks- und höheren Schulen dem " öffentlichen Unterrichtsausschuss" unter dem Vorsitz des ehemaligen Geistlichen Neeb übertragen. Eine " Verwaltungskommission über den Fond für die Primär- und Sekundärschulen" wurde am 23. Prairial des Jahres IX (12.07.1801) eingesetzt. Sie bestand aus fünf Mitgliedern und Karl Macke wurde zu ihrem Sekretär ernannt. Die Überwachung des Unterrichts oblag der jury d' instruction unter Leitung des Johann Neeb, Professor der Philosophie. Der Unterricht am Gymnasium der Augustiner wurde zunächst in der gewohnten Weise weitergeführt und die Lehrer behielten ihre Stellen. Allerdings versuchte man bereits, die Schüler für die republikanische Idee zu begeistern. Im Zuge der Säkularisation mussten die Augustiner ihre Arbeit an der Schule einstellen. Zwei weltliche Lehrer übernahmen die Unterrichtung der wenigen Schüler, die nach der Säkularisation nicht in Mainzer Privatschulen - in der Stadt gab es dreizehn Privatschulen, von denen sieben einer höheren Schule entsprachen - gewechselt waren. Nachdem Napoleon am 11. Floréal des Jahres X (1.05.1802) sein Schulgesetz erlassen hatte, wurde in Mainz behelfsmäßig eine Sekundärschule eingerichtet. Am 13. Frimaire des Jahres XI (4.12.1802) erklärte Napoleon diese Mainzer Schule sowie die Gymnasien aus Grünstadt, Dürkheim, Neustadt, Speyer, Zweibrücken und die Lateinschule in Worms zu écoles sécondaires. Dies bedeutet, ihre Schüler durften sich um die Aufnahme an einem Lycée bewerben. Außerdem bestanden ja in Mainz sieben private Schulen, die einer höheren Schule entsprachen sowie das bischöfliche Gymnasium.

Das Mainzer Lycée

Zugleich bewarb sich die Mainzer Munizipalität als Standort für ein Lycée. Da in Trier der Appelationsgerichtshof für die rheinischen Departements eingerichtet worden war, hätte in der Stadt auch das Lycée gegründet werden müssen. Der Präfekt des Donnersbergdepartements sprach sich aber für die Bewerbung der Stadt Mainz aus und tatsächlich bekam die Munizipalität den Zuspruch: Am 19. Frimaire des Jahres XI (10.12.1802) wurde das Mainzer Lycée gegründet. Die Sekundärschule bestand zunächst weiter, wurde aber im Jahr 1805 von der französischen Regierung geschlossen. Ihre Schließung bedeutete das Ende der alten Anstalt. Zeitgleich war aber das Lycée eröffnet worden. Die Generalinspektoren Noël und Coulomb bekamen am 24. Vendémiaire des Jahres XI (16. Oktober 1802) den Auftrag, das Lycée in den folgenden sechs Monaten einzurichten. Sie waren somit zuständig für die Einrichtung des Lycée, die Festlegung der Schülerzahl, die Prüfung der Lehrer der Zentralschule, die am Lycée übernommen werden wollten, und aller, die sich anmeldeten. Die Mainzer Zentralschule - hervorgegangen aus den Resten der von den Franzosen geschlossenen Universität - wurde am 1. Messidor des Jahres XI (20.06.1803) geschlossen. Lediglich die medizinische Fakultät blieb als école speciale de médecine bestehen. Das Lycée übernahm die Gebäude der Zentralschule und sollte am selben Tag mit 100 Schülern den Unterricht aufnehmen. Im September sollten weitere 50 Schüler aufgenommen werden. 30 Schüler sollten aus dem Pariser Prytaneum nach Mainz kommen und 41 Schüler sollten aus dem Donnersbergdepartement stammen. Die Eröffnung verzögerte sich und fand erst am 7. Frimaire des Jahres XII (29.11.1803) statt.

Die Verwaltung des Lycée war nach der Vorgabe der französischen Gesetze aufgebaut: Am 14. Prairial des Jahres XI (3.06.1803) wurde der Lothringer Philippe Auguste Basse zum Direktor (proviseur) des Lycée Mainz ernannt. Ihm wurden der Zensor Louis-Francois-Alexandre Boucly - zeitweise vertreten und später nachgefolgt von Johann Friedrich Butenschön - und der Prokurator Professor Friedrich Lehne aus Mainz zur Seite gestellt. Boucly wurde nach der Versetzung Basses zum Direktor ernannt. Nach seinem Tode folgte ihm Ancelin auf dem Posten nach. Als Lehrer wurden ernannt: [Didier] Thirion (Literatur), Butenschön aus Colmar (Geschichte), Payen aus Namur (Rechtswissenschaften), [Johann Georg] Madlingers (klassische Philologie), Jacmart, Français, aus Namur, Dr. Franz Karl Friedrich Salomon Anschel und Prof. Matthias Metternich (Mathematik). Nur Anschel und Metternich wurden von der Zentralschule übernommen. Die meisten Lehrer hingegen waren Franzosen und das Französische wurde Administratoren, Lehrern und Schülern als Sprache vorgeschrieben. Im Jahr 1805 wurden noch Johann Weitzel und Bodmann zu Lehrern am Lycée ernannt. 1809 stieß [Nikolaus] Müller, dessen Privatschule geschlossen worden war, zum Kollegium. Schließlich wurde der Lehrer Boost nach der Schließung der Sekundärschule übernommen. Der katholische Schulseelsorger Firino stammte aus Paris. Für die protestantischen Schüler war der Mainzer Pfarrer Friedrich Christian Nonnweiler zuständig.

Auch innerhalb der Schülerschaft sollten die Jungen aus den neuen Departements mit französischen Schülern zusammengebracht werden. Zwei Drittel der Schüler waren Franzosen, das restliche Drittel kam aus Mainz, dem Donnersbergdepartement oder vom rechten Rheinufer. Das Mainzer Lycée hatte einen weiten Einzugskreis. Viele der französischen Schüler stammten aus Paris und der Normandie. Unter ihnen finden sich aber auch Jungen aus Bordeaux, Toulouse, Nevers, Nizza, der Bretagne, dem Elsass und den Seealpen. Von den Schülern des Lycée waren 20 élèves nationaux. Für 130 weitere Schüler übernahm der Staat Teilstipendien. Der hohe Pensionspreis von 800 Francs hielt wohl viele Mainzer Familien davon ab, ihre Söhne auf das Mainzer Lycée zu schicken. Deshalb wurde im Jahr 1805 zuerst die Aufnahme von Halbpensionären ermöglicht und schließlich wurden auch externe Schüler zugelassen. Die strenge Auswahl der Schüler machte das Mainzer Lycée zu einer Eliteschule.
Das Mainzer Lycée entsprach voll dem französischen Schultyp und wich lediglich in wenigen Punkten vom französischen Vorbild ab. So gab es eine vorbereitende siebte Klasse, die später sogar zweijährig wurde, sowie deutsche Sprachkurse für französische und Französischkurse für deutsche Schüler. Um einheimischen Schülern entgegenzukommen, die den Beruf des Kaufmanns ergreifen wollten, wurden - mit Genehmigung aus Paris - außerhalb der Unterrichtszeiten auch Kurse im kaufmännischem Rechnen, doppelter Buchführung, Italienisch und Spanisch angeboten. Außerdem wurde Staatsrecht und Staatsverwaltung gelehrt.
Das Ende der napoleonischen Herrschaft brachte das Ende des französischen Lycée in Mainz mit sich. Als in Mainz Ende des Jahres 1813 das Fleckfieber ausbrach, wurde das Gebäude des Lycée zu einem Lazarett umfunktioniert. Die Schule wurde nach Metz verlegt. Die Mainzer Lehrer und Schüler blieben aber in der Stadt zurück. Die Zukunft des Lycée war unsicher, bis Joseph Görres nach dem Abzug der Franzosen im Juni 1814 ein Gymnasium nach neuhumanistischem Vorbild einrichtete.

Die Académie Mainz

Obwohl die Stadt Trier auch für den Sitz der Académie vorgesehen war, wurde Mainz zum Sitz derselben bestimmt. Die Académie Mainz war zuständig für die Departements Donnersberg, Rhein und Mosel und Saar. In ihrem Zuständigkeitsbereich lagen also die folgenden Bildungseinrichtungen: die Rechtsfakultät in Koblenz, die école speciale de médicine in Mainz, die Lycées in Bonn und Mainz, die Collèges in Bingen, Dürkheim, Grünstadt, Kaiserslautern, Neustadt, Speyer, Worms und Zweibrücken, im Departement Rhein und Mosel die Collèges in den Städten Andernach, Boppard, Koblenz, Kreuznach, Münstereifel und im Saardepartement die Collèges in Trier und Saarbrücken, sowie die bischöflichen Schulen in Mainz und Trier.

Mit der Aufsicht über das Schulwesen in diesen Departements wurden die drei Administratoren des Mainzer Lycées beauftragt: Der Direktor Boucly wurde zum Rektor der Académie Mainz bestimmt, Butenschön wurde zum Inspektor ernannt. Nach Bouclys Tod wurde Butenschön zu seinem Nachfolger ernannt.
Bestandsgeschichte:
Der Bestand 62 (Académie und Lycée Mainz)

Der Bestand 62 besteht aus Archivalien, die mit wenigen Ausnahmen den Provenienzen Académie und Lycée Mainz zugeordnet werden konnten. Die Akten gehörten im 20. Jahrhundert zum Bestand FA 60 (Französisches Archiv) des Stadtarchivs Mainz, der von Dipl.-Archivar Heiner Stauder in den 1990er Jahren in die Einzelbestände 60-63 aufgeteilt worden ist. Der Bestand umfasst 10 Regalmeter. Die Archivalien 062/ 1 - 062/ 85 waren von Heiner Stauder in den 1990er Jahren verzeichnet und in die damalige DOS-Datenbank Archibald aufgenommen worden. Die übrigen Akten und Unterlagen (062/ 86-062/ 263) wurden von der Praktikantin Lisa Klewitz von September bis Oktober 2013 verzeichnet.

Der Bestand lag vorwiegend nicht mehr in der Ordnung der französischen Registratur vor. Die französischen Verwaltungseinrichtungen legten Briefregister an, in denen die ein- und ausgehenden Schreiben vermerkt wurden. Die eingehenden Schreiben wurden nach Sachbetreff geordnet jährlich abgelegt. Diese Ordnung besteht heute nicht mehr. Eingehende Schreiben, die Konzepte ausgehender Schreiben als auch mögliche andere Unterlagen zu einem Betreff wurden in Archiv-Aktenbündeln neu zusammengefasst.

In einigen Fällen wurden auch die Rechnungsbelege, die in der französischen Zeit den Rechnungsbüchern angefügt waren, im Archiv separat gelagert.

Soweit die Akten noch im Originalzustand erhalten waren, wurden sie nicht weiter aufgelöst, sondern so verzeichnet. Einige Archivalien waren noch in Kartons aufbewahrt, die Beschriftungen in französischer Sprache trugen. Allerdings stimmte der Inhalt nicht unbedingt mit der Beschriftung überein, so dass davon auszugehen ist, dass auch diese Archivalien irgendwann umgebettet wurden.

Die Schriftstücke wurden den Kartons entnommen und inspiziert. Stimmte der Kartoninhalt mit der Beschriftung überein, wurden die Unterlagen in den Karton zurückgelegt und als eine Verzeichnungeinheit aufgenommen. Stimmte die Beschriftung nicht, wurden die Unterlagen nach Provenienz und Inhalt neu gegliedert.

Der Hauptteil der Archivalien befand sich nicht (mehr) in diesen Kartons, sondern war bereits von den Archivaren in beige Archivumschläge umgepackt worden. Eine Registratur- oder Archivordnung war nur noch in Ausnahmefällen erkennbar. Einige Umschläge trugen in deutscher Sprache verfasste handschriftliche Vermerke zum Inhalt, der allerdings nicht immer korrekt erfasst worden war. Andere Umschläge waren nicht beschriftet. Deshalb war in einigen Fällen eine zeitintensive Einzelblattsichtung notwendig, um Provenienz- und Sachzusammenhänge herzustellen. Eventuelle Beschriftungen wurden als Vorsignatur übernommen.

Der Bestand enthält größtenteils Schriftstücke, die im Rahmen der Verwaltungstätigkeit der Académie und des Lycée Mainz entstanden sind. Hier sind - neben dem umfangreichen Briefeingang der Académie Mainz - vor allem die zahlreichen Rechnungsbücher und Rechnungsbelege zu nennen, zu denen auch die Schülerlisten gehören, die zwecks Schulgelderhebung angelegt wurden und die Auskunft über den Alltag im Lycée geben. Es finden sich auch zahlreiche Dokumente von Privatpersonen, wie zum Beispiel Briefe von Eltern der Schüler am Mainzer Lycée.

Da in den Jahren 1798-1814 Französisch die Amts- und Verwaltungssprache im linken Rheinland war, wurden auch die Archivalien des Bestands 62 überwiegend in französischer Sprache verfasst. Bei der Erstellung des Findbuchs wurden die französischen Aktentitel ins Deutsche übersetzt und zusätzlich in das moderne Französisch übertragen. Ebenfalls wurden die Datierungen des Französischen Revolutionskalenders um die Datumsangaben nach dem Gregorianischen Kalender ergänzt.

Einige Archivalien betreffen Angelegenheiten des Mainzer Schulfonds, dessen Hauptüberlieferung aus der französischen Zeit im Bestand 60 (Munizipalverwaltung und Mairie der Stadt Mainz, 1798-1814) zu finden ist. Auch Unterlagen des Universitätsfonds wurden dem Bestand 62 zugeordnet. Außerdem befindet sich das Inventar des Mainzer Bürgers und Druckers Emanuel Alef in diesem Bestand. Da es eine ausführliche Auflistung seiner Bibliotheksbestände enthält, gelangte diese Notariatsakte eventuell nach dem Tode Alefs in den Besitz des Lycée Mainz, als es um die Regelung des Nachlasses ging.

Die Ordnung aus der französischen Zeit war wie oben beschrieben, verloren und nicht wiederherzustellen. Deshalb wurde eine eigene Klassifikation aufgrund der Inhalte und Provenienzen erstellt.

Mainz, den 17.10.2013 Lisa Klewitz

Literatur und Quellen zum Bestand:
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