Kontakt | Home | Rechercheauswahl Zur mobilen Ansicht wechselnMobil →
Stadtarchiv Mainz - Datenbank
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
1. Bestandsbeschreibung (EAD)
Bestellung oder Nachricht an Stadtarchiv senden in den Download Korb Diesen Datensatz direkt drucken
Bestand:
Bestandsprovenienz:
Bestandssignatur:
Klassifikation:
Zugangsnummer:
1988/19
Bestandslaufzeit:
1891-1964 (1990-1996)
Datierung:
1891 - 1996
Sperrvermerke:
siehe Vorwort (letzter Absatz)
Umfang des Bestands:
1,3 lfm.
Bestandsgeschichte:
Vorwort

Ludwig Schwamb, geboren 1890 in Undenheim, nahm nach Abschluss der Reifeprüfung an der Mainzer Oberrealschule ein Studium der Rechtswissenschaften in Gießen und Berlin auf, das er 1914 mit der ersten Staatsprüfung abschloss. Freiwillig meldete er sich zum Kriegsdienst, um nach Kriegsende, mehrfach verletzt und durch den Großherzog von Hessen für Tapferkeit ausgezeichnet, innerlich jedoch tief ernüchtert, nach Mainz zurückzukehren. Nach Kriegsende ließ er sich als Rechtsanwalt nieder und engagierte sich aktiv für die SPD. Nachdem er 1923 an das Finanzamt Alzey und 1925 zum Finanzamt Oppenheim gewechselt war, wurde er 1928 persönlicher Referent des Hessischen Innenministers Wilhelm Leuschner (SPD), zu dessen engstem Beraterkreis er zunehmend gehörte. Ebenfalls in dieser frühen Zeit knüpfte Schwamb enge und für seine spätere Widerstandstätigkeit entscheidende Kontakte zu Dr. Carlo Mierendorff, Leuschners Pressesprecher.
Schwamb wurde Oberregierungsrat am hessischen Verwaltungsgerichtshof, 1929 ernannte man ihn zum Staatsrat. Besondere Verdienste erwarb er sich in dieser Zeit durch die Ausarbeitung der Hessischen Gemeindeordnung sowie des Zweckverbandsgesetzes.
Aufgrund des " Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wurde er 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, wogegen er erfolglos protestierte, und nach dem Verbot der SPD unter polizeiliche Aufsicht gestellt. 1934 nahm er eine Tätigkeit als Firmenanwalt für die Schuhfabrik Conrad Tack & Cie AG in Berlin auf, wo seine Wohnung in den Folgejahren zum Treffpunkt politischer Opponenten des NS-Regimes wurde. 1938 trafen sich hier Wilhelm Leuschner, Carlo Mierendorff, und Julius Leber, später stießen andere wie Theodor Haubach und Gustav Dahrendorff zu diesem Kreis dazu. Darüber hinaus besorgte Schwamb Kurierdienste für die sozialdemokratische Widerstandsbewegung und versteckte von Verhaftung Bedrohte in seiner Wohnung. Auch zum äußeren Zirkel des " Kreisauer Kreis" um Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg ist Schwamb zu zählen.
Schwamb wurde von Leuschner mit der Organisation des sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Konspirationsnetzwerks im Gebiet zwischen Kassel und Heidelberg betraut und sollte nach dem Attentat am 20. Juli die Rolle eines " Politischen Beauftragten" für einen Teil des Rhein-Main-Gebiets, Rheinhessen, die Pfalz und das Saarland übernehmen, die Entmachtung der Nationalsozialisten in den ihm zugewiesenen Landesteilen organisieren und beratend begleiten sowie den zivilen Widerstand mobilisieren.
Kurz nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli wurden Ludwig und Elisabeth Schwamb in Frankfurt verhaftet. Während man Elisabeth kurze Zeit später wieder frei ließ, wurde Ludwig Schwamb in das Berliner Gestapo-Gefängnis gebracht, wo er unter Folter ein Teilgeständnis ablegte. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn in einem von Freisler geleiteten Prozess zum Tod. Das Urteil wurde am 23.1.1945 vollstreckt. Schwamb wurde zusammen mit Graf Moltke, Theodor Haubach und Anderen in Plötzensee erhängt.
Noch heute erinnern nach Ludwig Schwamb benannte Schulen, darunter auch die Mainzer Ludwig-Schwamb-Schule, und Straßen an sein couragiertes Eintreten gegen den Nationalsozialismus.
Um eine angemessene und bleibende Würdigung der Leistung Ludwig Schwambs sowie der sozialdemokratischen Widerstandsbewegung insgesamt bemühte sich in der Nachkriegszeit seine Frau Elisabeth Schwamb, geb. Fritz. Sie schrieb ihre Erinnerungen zu den ihr bekannten Widerstandskämpfern nieder (u.a. für Ricarda Huchs Lebensbilder), unterhielt gute Verbindungen zu Überlebenden des Widerstandes, nahm regelmäßig an Gedenkfeiern teil und kritisierte öffentlich die oftmals nahtlose gesellschaftliche Rehabilitierung ehemaliger Täter.
Geboren 1897 in Marburg heiratete die ausgebildete Krankenschwester Ludwig Schwamb 1923 und trat der SPD bei. Sie engagierte sich für die Arbeiterwohlfahrt sowie in der Kinder- und Naturfreundebewegung. Nach dem Krieg zog sie nach Rheinhessen in den Geburtsort ihres Mannes Undenheim und machte es sich zur Lebensaufgabe " als Referentin für die Partei, als politische Testamentverwalterin meines Mannes, mitzuarbeiten an der Verwirklichung des Friedens, an der Völkerverständigung und nicht zuletzt an der weltweiten Jugendarbeit" (NL 106 / 58). Die sich als " christliche Sozialistin" bezeichnende Schwamb kandidierte 1946 erfolgreich für die Kreisversammlung des Stadt- und Landkreises Mainz, war ab 1950 Mitglied des rheinhessischen Bezirksvorstands der Partei, saß im Kreisvorstand, im Frauenvorstand und im Kulturausschuss der SPD. Sie verstarb 1964.
Die Unterlagen von Ludwig und Elisabeth Schwamb wurden im Jahr 1988 durch den Mainzer Kulturdezernenten Dr. Anton Maria Keim dem Stadtarchiv Mainz geschenkt (Zugangsnummer 1988/ 19) und die Bestandssignatur " NL 106: Schwamb, Elisabeth" vergeben. 1996übergab Archivdirektor Friedrich Schütz ein versiegeltes Päckchen mit Briefen Ludwig Schwambs an Nachfahren der Familie Will, die Rechte an den Briefen geltend gemacht hatten.
Im Oktober 2009 wurde der Bestand im Umfang von 1, 5 lfm. durch die im Dienst des Landesarchivs Baden-Württemberg stehende Archivreferendarin Eva Rödel im Rahmen ihres Praktikums am Stadtarchiv Mainz mit der Datenbank FAUST 6 verzeichnet und durch Roland Fuchs neu verpackt.
Bei der Verzeichnung wurden Vorordnungen der Nachlasserin, soweit dies in dem stark ungeordneten Nachlass möglich war, übernommen. Die bei Übernahme des Archivguts pro Karton provisorisch vergebenen Signaturen wurden, obwohl die damaligen Einheiten bei der Neusortierung aufgelöst wurden, bei der Verzeichnung jeweils mit angegeben, da diese durch die Schülerin Christina Stein für ihren Beitrag über Ludwig Schwamb zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2008/ 09 zitiert wurden. Die von ihr gefertigten Digitalisate von verschiedenen Unterlagen zur Biografie Ludwig Schwambs liegen dem Stadtarchiv vor.
Den größten Teil des Bestandes macht die Nachkriegskorrespondenz Elisabeth Schwambs aus, die einerseits ihr gesellschaftliches Umfeld, andererseits ihre Bemühungen um eine aktive Erinnerung an den Widerstand ihres Mannes sowie ihr Engagement für die SPD aufzeigt. Ebenfalls gut dokumentiert sind Gedächtnisfeiern und Einweihungen von Gedenkstätten in der Nachkriegszeit für Ludwig Schwamb, Theodor Haubach und Andere, an denen Elisabeth Schwamb vielfach teilnahm. Aber auch private Belange und Probleme Elisabeth Schwambs, wie ihre wirtschaftliche, wohnräumliche, finanzielle und sogar gesundheitliche Situation, spiegelt der Bestand wider.
Deutlich weniger Unterlagen liegen zu Ludwig Schwamb vor. Besonders hervorzuheben sind die Feldpost aus dem ersten Weltkrieg, die Unterlagen die Bemühungen Schwambs betreffend, seine Entlassung aufgrund des Reichsgesetzes zur Widerherstellung des Berufsbeamtentums anzufechten, und die letzten, aus dem Gefängnis an seine Frau geschriebenen Briefe kurz vor seiner Hinrichtung.
Ein weiterer Nachlasssplitter zu Ludwig Schwamb liegt im Archiv der sozialen Demokratie bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.
Gewisse Nummern des Bestandes unterliegen aufgrund des zu wahrenden Persönlichkeitsschutzes der Korrespondenzpartner Elisabeth Schwambs Sperrfristen für die Benutzung bis in das Jahr 2054 hinein. Entsprechend den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes Rheinland-Pfalz können die Unterlagen unter bestimmten Bedingungen auch vor Ablauf der Sperrfristen eingesehen werden.
Mainz, im Oktober 2009
Eva Rödel M.A.
Literatur und Quellen zum Bestand:
Informationen zur Bearbeitung des Bestands:
Bemerkungen:
Objektnummer:
Bestands-Personenindex:


voriges Bild im Datensatz zeigen nächstes Bild im Datensatz zeigen Bild groß zeigen Datensatz dieses Bildes zeigen Schließen
Schließen
Bestandsbeschreibung
Schließen
?